im Februar
Karin Fellner: Federung, komplementär
Wenn eins sich verliert ins Driften, über den Block und weg,
steht´s andere vielgliedrig im Alltagssturm, hält fest.
Wird´s andere k-fach knotig, knurrt und verkrallt,
streicht eins alle Zollstationen aus dem nächtlichen Wald.
Entfernen eins und´s andere sich voneinander, zieht
etwas hin, zu, zurück an jedem disjunkten Weg.
Sagen eins und´s andere zugleich: "Du bist mein Ko."
(ergänze: -sen, -libri, -bold.)
Karin Fellner: eins: zum andern. Gedichte. parasitenpresse, Köln 2019
im Januar
Gioconda Belli: Relativitätsgeheimnis
Manchmal erwache ich
und denke, das Geheimnis des Traums
wohnt hinter der angelehnten Tür
Seite an Seite mit der Unordnung des Zimmers
in dem der Morgen vergeht.
Ich bewege mich langsam vor den reglosen Möbeln
und warte auf die seltsamen Frauen mit den wechselnden Gesichtern
das Geräusch ihrer schleppenden Kleider
die langen Schatten der Männer in den spiegelnden Scheiben.
Fast höre ich die gelehrten Gespräche rings um den Tisch
spüre den fahlen Schein der Kerzen.
Ich zwinge mich zur Arbeit
verweigere die Wahrnehmung des anderen Universums das mich streift.
Wenn ich nur ein wenig die Tür öffne
läßt mich der Geruch der Fasane
die Angst vor der unmöglichen Realität der relativen Räume
sie heftig wieder schließen
mit der Panik des Wissenschaftlers vor einem schwarzen Loch.
Da ziehe ich es vor in den Lärm der Frühstücksteller zu fliehen
und vorsichtig die großen Zimmer
zu versiegeln
in denen andere Zeiten
foppend
verstreichen.
Gioconda Belli: In der Farbe des Morgens. Gedichte
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1992